Vietnam 2007
Vietnam ? ......( minutenlanges schweigen) was wollt ihr denn da ? Da ist doch ein Krieg gewesen, das ist doch gefährlich.
So in etwa lief es jedes mal ab wenn ich jemanden erzählte das meine diesjährige Urlaubsreise nach Vietnam geht. Nun wenn ich ehrlich bin habe ich bis zum Februar auch nie daran gedacht jemals nach Vietnam zu fahren. Aber als ich im Januar in New Zealand war, zeigte mir ein Freund seine Bilder von seiner Vietnamtour und begeisterte mich mit seinen Erzählungen vom Land und Leute.
Und nun war es dann soweit. Am 05.09.2007 ging es dann los über Frankfurt, Bangkok nach Hanoi, der Hauptstadt Vietnam. In Hanoi erwarteten uns schon Dieter, Markus, Georgia und Hakan, die sich dieser Tour angeschlossen hatten, und unser Tourguide Hong.
Zuerst wurde die Hauptstadt Hanoi besichtigt. Der Hauptanteil unserer Besichtigungstour bezog sich auf die Altstadt. Besucht wurden das Ho-Chi-Minh- Mausoleum, Ho-Chi-Minh- Museum, Ho-Chi-Minh- Haus, das Historische Museum, der Hang Da Markt und das weltberühmte Wasserpuppentheater Ma Roi Nuoc. Zu erwähnen bleibt der Chaotische Verkehr in Hanoi. Es wird einfach so gefahren wie man meint. Rote Ampeln werden nicht eingehalten, Kreuzungen einfach ohne zu schauen überquert und der Rechtsverkehr ignoriert. Wichtig ist nur das man eine Hupe hat.
Am nächsten Morgen übernehmen wir unsere Motorräder. Ähm... Motorräder ??? Nee, das kann doch nicht wahr sein? Das sollen unsere Fahrzeuge der nächsten 16 Tage sein? Anscheinend doch. Also, wir übernehmen eine Minsk 125 ccm3, Sportausführung, 7 Ps, mit durch gesessenen Sitzbank und und und. Unser Tourguide Hong meint „Your hate this or you love this Bike“ . Nachdem unsere Fahrzeuge bepackt worden sind, heißt es so schnell wie möglich den Verkehrschaos zu entfliehen. Also die Minsk per Kickstarter anschmeißen und los. Mmhh .. oder doch nicht ??? Als Norbert die Vorderradbremse betätigt fällt sie plötzlich auseinander. Also Moppeds wieder aus und schon haben wir die erste Reparatur und das bei 38°C. Nach einer halben Stunde kann es dann endlich losgehen und so schnell wie möglich Hanoi entfliehen.
Wir folgen den Highway No 6 in westlicher Richtung. Nach ca. einer Stunde haben wir Hanoi hinter uns gelassen. Doch wo ist Georgia, Hong und Hakan? Nach einer halben Stunde warten kommen sie endlich und wir erfahren das Georgia einen Platten hatte der mal eben behoben werden musste. Die Suppe läuft, die Luft ist sehr drückend und jeder Stopp ist eine Qual für mich, denn ich habe mich noch nicht ans Klima gewöhnt. Doch die ersten schönen Landstriche lassen die Strapazen der Hitze erträglich werden. Wir folgen eine kurzen Moment den Flußlaufes des Red Rivers um dann uns westlich zu unseren Endziel Mai Chau zu orientieren. Mai Chau ist ein kleiner Ort der bekannt für sein Kunstgewerbe und Seidenprodukte ist. Die erste Übernachtung wird in einen so genannten Homestead durchgeführt. Homestead oder Familystead sind Unterkünfte bei Einheimischen Familien. Man bekommt sozusagen das Familienleben live mit. Nachdem wir uns frisch gemacht haben besuchen wir das Künstlerdorf. Nach einen leckeren Abendessen werden uns die Einheimischen Tanzritualen vorgeführt. Wir beenden den Abend mit einigen Gläsern Reiswein.
Heute geht es nun weiter in Richtung Norden auf dem alten Highway No.5 über viele kleine Bergstraßen, die am besten nur mit dem Bike , Pferd oder Ochsenkarren befahrbar sind, nach Thung Man. In diesem Gebiet leben viele unterschiedliche Volksgruppen die ein einfaches Leben führen und nur von Trockenreis, Gemüseanbau und Jagen im Wald leben. Das Wort Straße beginnt von nun an für uns eine neue Bedeutung zu bekommen. Es ist einfach nur ein Feldweg der übersät ist mit Schlaglöchern, Schlammlöchern, Auswaschungen, Schottersteinen, Kuhscheiße usw.. Nachdem wir die ersten Hürden genommen haben, stoßen wir nun auch auf die ersten kleinen Problemen mit unseren Minsk die uns bis zum Ende der Tour kontinuierlich begleiten werden. Fußrasten die Abbrechen, Kupplungszüge die Reißen, Handhebel die durchs Stürzen abbrechen und Schaltungen die nicht mehr funktionieren. Auch verliert manchmal unser Tourguide die Orientierung und führt uns in die falsche Richtung, die dann manchmal in tiefen Schlamm und Morast enden. Plötzlich zieht sich der Himmel zu und es fängt Monsumartig an zu regen. Der bis dato eigener maßen befahrene Weg entwickelt sich in Minutenschnelle zu einer schlammartigen Rutschpartie. Bei einer Durchquerung einer Spurrille verliert Norbert die Kontrolle über seine Fahrzeug und fällt unglücklich auf seine linke Hand. Diese schwillt zu einen Fleischklumpen Artigen Gebilde an. Nur noch mit Schmerzen schafft es Norbert bis zu unseren Endziel, das kurzerhand von unseren Tourguide von einen Homestead zu einem Hotel umgewandelt wurde. Der Abend wird damit verbracht die Blessuren zu verarzten und die nassen Sachen zu trocknen. Unglücklicherweise zogen sich einige Leute auch noch einen Durchfall zu.
Noch geschwächt vom Vortag ging es weiter nach Phu Yen. Heute ist die Strecke gut ausgebaut so das keine weiteren Schwierigkeiten zu erwarten sind. Am Nachmittag genießen wir die wunderschönen Grasslandschaften um Moc Chau, das bekannt ist für sein mildes Klima und seine Obst und Teeplantagen. Interessant wird dann doch noch als wir mit einen kleinen Floß den Da River überqueren müssen. Anschließend können wir noch die schöne Flusslandschaft genießen.
210 Km stehen heute auf den Plan. Das heißt bei unseren Minsk und den Straßen Vietnam das uns heute ein langer Fahrtag bevorsteht. Geplant sind davon auch ca. 30 Km nur Off Road. Aufgrund Norberts Verletzung entschließe ich mich mit Ihm anstatt die Off Road Strecke eine angeblich bessere Alternative Strecke zu fahren. Wir starten Morgen um 7:00 Uhr und steigen sofort in die beeindruckende Landschaft mit Reis- und Maisfeldern ein. Anschließend geht es durch die Maniocwälder und über den Chen Pass der die Bac Yen Berge verbindet nach Son La. In Son La legen wir unsere Lunchpause ein und besichtigen dort das ehemalige französische Gefängnis und das Gebietsmuseum. Dann geht es weiter über einige Passstraßen bis kurz vor Tuan Giao. Dort trennen wir uns und vereinbaren einen Treffpunkt am Pha Din Pass der wegen des Unabhängigkeitskampf von 1954 zu Berühmtheit erlangt ist. Unsere angeblich besser Alternativstrecke erweist sich als eine von Schlag- und Morastlöchern durchlöcherte Straße, die mit einigen nervigen Anstrengungen von uns ohne Zwischenfall gemeistert wurde. Am vereinbarten Treffpunkt warten wir fast eine Stunde. Da sich bis dahin keiner dort blicken lassen hat, entschließen Norbert und ich dort eine Nachricht zu hinterlassen und zu unseren Endziel weiter zu fahren. In Tuan Giao warten wir bis 21:00 Uhr auf die erschöpften anderen Mitfahrer. Wir erfahren das die Off Road Strecke kurz vom Ende nicht mehr befahrbar war und sie umkehren mussten. Auch verhinderten wieder einige kleine Defekte an den Minsk ein zügiges weiterfahren.
Am nächsten Morgen geht es weiter, auf unserer Entdeckungsreise durch Nordvietnam, auf den restlichen 98km des historischen Higways No 6. Die Straße ist wieder sehr anspruchsvoll, aber die Landschaft entschädigt die Anstrengungen durch beeindruckende sieben hohen Passtrassen und den Blich auf den Da River der sich durch die Tälern windet.. Auf dem Weg sehen wir viele Einheimische wie die Blach Thai, Kho Mu, Lu , Black H’mong, Green H’mong und White H’mong die wie viele andere Bergvölker hier ihren Alltagsleben nachgehen. Nach dem Lunch in Lai Chau nehmen wir ein Boot für eine kleine Fahrt auf dem Nam Na River. Wieder an Land geht es weiter bis nach Sin Ho. Sin Ho ist bekannt für den reichsten Bergmarkt in der Nordwest Region. Das einzige Hotel dort erweist sich als Luxusherberge, was man anhand der ärmlichen Stadt nicht erwartet hätte
Heute steht Sapa auf den Plan. Der Weg dorthin ist sehr angenehm zu fahren. Kurvenreiche gut ausgebaute Straßen lassen den Fahrspaß gleich steigen. Sapa selber hat sich zu einen Touristenort entwickelt. Der Ort wurde 1922 in einem Hochtal inmitten der Hoang Lien-Berge erbaut.
Von den Franzosen wurde diese Gebirgskette "Tonkiner Alpen" getauft. Einer der Berge ist der Fansipan und mit 3143 mtr. der höchste Gipfel Vietnams. Sapa selber liegt auf 1600 Mtr. und ist bekannt für kalte und wolkenreiche Winter. Wir besuchen dort den heimischen Markt und ein English Pub.
Die nächsten Fahrtage führen uns nach Xin Man, Luc Yen und zum Nationalpark Ba Be. Unterwegs sehen wir viele Reisfelder an den Berghängen, passieren Grünen Tee Felder und können das harte Arbeitsleben der Vietnamesen live mit erleben. Immer wieder sehen wir Frauen die vier Meter lange zu einen Bündel gebundenen Bambusbäume kilometerlang auf den Schultern zu ihren Zielort schleppen. Ich selber habe mal versucht so ein Bambusbündel zu heben. Ich kann nur sagen Respekt vor der Leistung der Einheimischen.
Der heutige Tag sollte der anstrengendste Fahrtag meiner Motorradkarriere werden. 130 Km sind angesagt, davon 80 km Off Road. Einige der Mitfahrer zweifeln von vornherein daran das wir die komplette Strecke schaffen werden, doch unser Tourguide tönt das er die Tour in drei bis vier Stunden schaffen würde. Der Tag beginnt um 8 Uhr mit einer angenehmen Flußfahrt auf den Nang River. Für die ca. 20 Km lange Flussstrecke benötigt die „Fähre“ ca 2 Stunden. Kaum haben wir unsere Motorräder abgeladen empfängt uns sofort eine Steigung die es in sich hat. Nur mit vereinten Kräften überwinden wir die Schlammartige und durch Furchen gepflasterte Steigung. Ich möchte hier nicht die nächsten Strapazen beschreiben, denn das ist sowie nicht möglich. Ich kann nur sagen das wir für ca. 41 Km etwa 12 Stunden gebraucht haben. Irgendwann auf der Stecke bin ich nur noch sitzen geblieben und habe gesagt das ich völlig ausgelaugt bin und ich keinen Meter mehr weiterfahren werde. Notgedrungen konnten wir bei einer netten Familie (ich bin ihr heute noch sehr dankbar), die in einer Holzhütte von ca 30 Qm mit drei Generation lebte, auf den Lehmboden übernachten. Schnell wurde ein Huhn geschlachtet und in einer Kochnische ( bestehend aus einer Feuerstelle mit Gusstöpfen) eine kleines Mahl für uns zubereitet. Nach dem Essen vielen wir nur noch alle auf unsere Schlafsäcke um uns von den Strapazen zu erholen. Am nächsten Tag fahren wir nur noch 30 Km bis zur nächsten größeren Ortschaft Bac me, um dort einen ungeplanten Ruhetag einzulegen. 15 Stunden Nonstop schlafen war angesagt.
Ausgeruht stand uns ein erneut langer Fahrtag bevor, denn wir mussten ja den verlorenen Tag wieder aufholen. 233 Km durch die Berge sind mit den Minsk kein Pappenstiel. Glücklicherweise waren die Straße bis auf den ersten Teilstück in einen relativ guten Zustand, so das wir am Anfang zügig voran kamen. Aber wie es nun mal kommen muss, wurden wir wieder vom Pech verfolgt. In einer Kurve verlor ein Mitfahrer die Kontrolle über das Motorrad und stürzte, dabei zerriss er seine Motorradhose. Glücklicherweise entstanden keine großen Verletzungen. Doch der Kupplungseinheit brach in der Mitte durch. Mit Pflaster reparierten wir sie, da wir keine Ersatzteile zur Verfügung hatten. Auch hatten wir die anderen Mitfahrer in der Zwischenzeit verloren, das sie Probleme mit gerissene Kupplungszüge und Antriebsketten hatten. Erst gegen 21 Uhr erreichten Norbert, Dieter, Hong und ich unser Endziel. Die anderen drei Mitfahrer übernachteten ca. 60 km vorher in einer kleinen Ortschaft.
Der nächste Tag war zurecht mit einer miesen Stimmung unseres Tourguides überschattet. Er monierte unser Teamverhalten. Die eigenwilligen Fahreinlage hatten uns nur zusätzliche Mühen und Kosten erzeugt. Erst nach einer Aussprache konnten wir die Fronten klären und unseren Fahrtag wieder genießen. Denn heute war ein Loop zu den Wasserfällen Ban Gioc an der Chinesischen Grenze geplant. Der Anfahrtsweg und die Wasserfälle erwiesen als eine Augenweide. Die bezaubernde Landschaft an der Chinesischen Grenze entlang ließ alle Unstimmigkeiten verfliegen. Am Abend kehrten wir bei einer netten kleinen Familie ein die aus vielen netten Frauen :-) bestand.
Der vorletzte Fahrtag sollte uns in die Mau Son Bergregion führen. Die 30 Km lange Serpentinenstraße ließen sogar mit unseren Minsk einen Fahrspass aufkommen. Auch die reizvolle Berglandschaft ließ uns immer wieder zum Anhalten und genießen bewegen. Den Tag beendeten wir mit einen kleinen Saufgelage und Arm drücken mit den einheimischen Bergbewohnern.
Zum letzten Fahrtage gibt es nicht mehr groß zu erwähnen. 185 Km über den gut ausgebauten Hgw No 1 bis nach Hanoi, das wir am frühen Nachmittag erreichten. Ein letztes gemeinsames Abendessen und Adressen austauschen war angesagt. Auch waren wir alle glücklich doch relativ Heil bis auf viele blaue Flecken, einer verstauchten Hand und einigen Durchfällen die Tour überstanden zu haben.
Fazit:
Dies war meine anstrengendste Motorradtour seit 1984. Sie übertraf sogar die BTS Tour 2000 in Australien. Nordvietnam hat mir sehr gut gefallen. Die Leute waren sehr freundlich und hilfsbereit. Man wurde immer mit einen Lächeln begrüßt. Es lohnt sich jedenfalls das Land wieder zu besuchen, aber nie wieder werde ich es mit einer Minsk versuchen.